Wirtschafts Woche - Berufsbildungsbericht 2015

Studium hui, Ausbildung pfui

Azubi gesucht: Rund 41.000 Lehrstellen blieben im vergangenen Jahr unbesetzt. Immer weniger junge Menschen wollen eine Lehre machen, sie studieren lieber. Mit Folgen für Wirtschaft und Arbeitsmarkt.

Die duale Ausbildung verliert bei Schulabgängern in Deutschland gegenüber dem Studium seit Jahren an Boden. Ein neuer Report der Bundesregierung zeigt, dass der Trend weg von der klassischen betrieblichen Lehre ungebrochen ist: Die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen in Deutschland sank voriges Jahr im Vergleich zu 2014 erneut leicht auf gut 522.000. Zugleich blieben viele Lehrstellen unbesetzt - mit rund 41.000 wurde der höchste Stand seit 1996 verzeichnet.

Demgegenüber stehen 20.700 junge Menschen, die einen Ausbildungsplatz gesucht, aber keinen bekommen haben. Denn: Nur jede fünfte Firma in Deutschland bildet noch aus, heißt es in dem Bericht.

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) konstatierte am Mittwoch, das Engagement der Betriebe für Ausbildung sei „weiterhin hoch“. Immerhin sei die Zahl der Lehrlinge „trotz deutlich sinkender Schulabgängerzahlen nahezu konstant“. Mit einer dualen Ausbildung hätten junge Menschen weiterhin „sehr gute Chancen“ auf dem Arbeitsmarkt. Sieben von zehn Auszubildenden würden direkt vom Ausbildungsbetrieb übernommen. Die BDA forderte eine umfassende Berufs- und Studienorientierung besonders an den Gymnasien.

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) erklärte: „Der Trend zum Studium und die sinkende Zahl an Schulabgängern werden für die Fachkräftesicherung der Betriebe zunehmend zum Problem. (...) Wenn heute rund 150.000 junge Leute mehr als vor zehn Jahren ein Studium beginnen und zugleich die Zahl der Lehrstellenbewerber um mehr als 180.000 gesunken ist, dann ist klar, dass viele Betriebe ohne Azubi und immer mehr Ausbildungsplätze unbesetzt bleiben.“

Die Betriebe machten für ihre Ausbildung aktiv Werbung, böten duale Studienplätze und Auslandsaufenthalte an und sähen zunehmend über schulische Schwächen hinweg, wenn Motivation und praktische Eignung stimmen.

Die Bildungsgewerkschaft GEW sieht die Arbeitgeberseite „nach wie vor gefordert, neben einer qualitativ hochwertigen Ausbildung auch klare Beschäftigungs- und Aufstiegsperspektiven für Ausgebildete anzubieten“. Ansgar Klinger, für berufliche Bildung und Weiterbildung verantwortliches Vorstandsmitglied, sagte: „Die Zahlen des Berichts verdeutlichen, dass wir dringend eine Ausbildungsgarantie brauchen.“

Quelle: Wirtschafts Woche

Download des kompletten Berufsbildungsberichts 2015 als PDF: Bundesministerium f. Bildung und Forschung

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