Streit um Seiteneinsteiger: Nach nur dreimonatigem Pädagogik-Kurs allein vor eine Klasse? GEW droht Bildungsministerin

 

SCHWERIN. Die Lehrergewerkschaft GEW hat Kritik am neuen Ausbildungsprogramm für Seiteneinsteiger an den Schulen in Mecklenburg-Vorpommern geübt. Die geplanten Maßnahmen reichten nicht aus, um die nötige Qualität herzustellen, erklärten die beiden GEW-Landesvorsitzenden Annett Lindner und Nico Leschinski am Montag – und drohten mit Konsequenzen. Sie forderten ein berufsbegleitendes Lehramtsstudium für die Seiteneinsteiger.

Die Zahl der Seiteneinsteiger an den Schulen wächst in den meisten Bundesländern seit Jahren, weil zu wenige grundständig ausgebildete Lehrer von den Universitäten kommen. So auch in Mecklenburg-Vorpommern: Im vergangenen Jahr war Bildungsministerin Simone Oldenburg (Linke) zufolge jede dritte neu eingestellte Lehrkraft im Land ein Seiteneinsteiger oder eine Seiteneinsteigerin. Von allen Lehrern im Nordosten sei es inzwischen gut jeder Zehnte. Immer wieder gab es in der Vergangenheit Kritik von Eltern und auch von Seiteneinsteigern selbst, dass sie zum Teil pädagogisch unvorbereitet vor Klassen treten mussten und erst später neben der Arbeit qualifiziert wurden.

Das Bildungsministerium plant für Seiteneinsteiger ab Mai 2023 einen dreimonatigen Kurs in Pädagogik und Didaktik, ehe sie vor zum ersten Mal vor eine Klasse treten. Anschließend sind berufsbegleitende Fortbildungen vorgesehen, nicht jedoch ein berufsbegleitendes Lehramtsstudium.

Die GEW droht nun, den zwischen allen Beteiligten an Schule geschlossenen Bildungspakt „Gute Schule 2030“ zu verlassen, falls das Bildungsministerium die geplante neue Verordnung für Seiteneinsteiger allein festlegen wolle. Im Sinne der Qualität müsse nachverhandelt werden, fordern Lindner und Leschinski. Die neue Seiteneinsteiger-Verordnung muss noch vom Bildungsausschuss des Landtags abgesegnet werden.

„Die Hochschulen als Verantwortliche für das Lehramtsstudium müssen eingebunden werden“

„Die durch in Aussicht gestellten Maßnahmen sind ein richtiger, aber noch nicht ausreichender Schritt zu mehr Qualität. Der Verordnungsentwurf setzt den Qualitätsanspruch des Lehrerbildungsgesetzes nicht um. Wir brauchen die abgesicherte und priorisierte Möglichkeit zum berufsbegleitenden Studium für alle, die die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen. Die Hochschulen als Verantwortliche für das Lehramtsstudium müssen eingebunden werden, um eine gleichwertige Qualität zur Regelausbildung auch in der Nachqualifikation zu sichern und diese nicht zu entwerten“, erklären Lindner und Leschinski in einer Pressemitteilung.

„Für uns als GEW ist ein hochwertiger Seiteneinstieg in M-V von zentraler Bedeutung für die Sicherung der Qualität schulischer Bildung in den kommenden Jahren, für verlässliche und attraktive Perspektiven für unsere Kolleg*innen im Seiteneinstieg und für die Entlastung der Schulen. Alle Regelungen zum Seiteneinstieg sind Thema für die Verhandlungen im Bildungspakt 2030 zwischen der Landesregierung und den Gewerkschaften. Wenn das Bildungsministerium den bisherigen Weg, die abschließende Verordnung zur Regelung des Seiteneinstiegs alleine festzulegen, nicht verlässt und im Sinne einer gemeinsam getragenen Qualitätsperspektive nachverhandelt, sehen sich GEW und DGB gezwungen, den Bildungspakt zu verlassen“, stellen die beiden Landesvorsitzenden fest.

Die GEW fordert nach eigenen Angaben seit mehreren Jahren, auch aktuell im Rahmen der Gespräche zum Bildungspakt zwischen Landesregierung und Gewerkschaften, eine Reform des Seiteneinstiegs im Land. Darüber hinaus sieht die GEW weitere Änderungsbedarfe, unter anderem bei der Anzahl der Anrechnungsstunden für alle Lehrer*innen im Seiteneinstieg, die nicht über einen passenden Studienabschluss verfügen. „Hier muss mehr Zeit für Qualifikation zur Verfügung gestellt werden, da hier die Qualifikationsbedarfe am höchsten sind“, so verlangt die Gewerkschaft. News4teachers / mit Material der dpa

 

Quelle: https://www.news4teachers.de

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